Nach 122 km und 890 Hm kam ich heute am Zielort Marion in Kentucky an.
Nach einem guten Frühstück im Hampton Inn saß ich pünktlich um 7:30 Uhr auf dem Sattel. Ich war froh, dass ich es verworfen hatte, heute einen Pausentag einzulegen. Das Wetter war einfach traumhaft. Bei blauem Himmel und Anfang 20 Grad ging es zunächst wieder aus Owensboro heraus. Diesmal auf einem Highway mit 2 m Seitenstreifen. Da kann man den Verkehr gut aushalten. Nach 5 km verließ ich den Highway und fuhr wieder über Nebenstrecken. Ich war ja immer noch „off trail“ und brauchte ca. 20 km um wieder auf die Route zu kommen. Diese Strecke war flach – norddeutsch flach – ein Zustand, den ich schon lange nicht mehr hatte. Je näher ich jedoch dem Trail kam, nahmen dann auch die Hügel wieder zu. Die Vermutung liegt nahe, dass die sich von ACA bewußt die Strecken mit den meisten Hügeln ausgesucht haben. Der kurze Tag gestern hat mir gut getan. Es lief heute den ganzen Tag sehr gut – kaum Erschöpfungsgefühl in den Beinen.
Die Gegend hat sich gegenüber gestern kaum verändert. Insofern gibt es dazu auch nicht viel zu berichten.
Heute traf ich insgesamt 4 Biker, die mir entgegenkamen. Mit allen konnte ich kurz plaudern. Zunächst Trevor aus Californien (28), dann ein junger Mann von 18 Jahren aus Utah (Namen habe ich vergessen) und eine junge Frau mit Ihrem Onkel aus Mexiko, die ich in einem Cafe traf. Sie war zunächst mit ihrem Vater gestartet, der hat aber nach einiger Zeit aufgegeben (Zitat des Onkels mit einem süffisanten Unterton: „she killt him“). Der Onkel ist dann als Ersatz eingesprungen.
Mich überrascht immer wieder, wieviele Leute diese Tour ganz alleine fahren. Naja – ich mache das ja schließlich auch so.
Um 17:30 Uhr war ich an der gebuchten Unterkunft, einem B&B. Da ich gestern bei der Reservierung angekündigt hatte, dass ich erst gegen 6 da sein werde, mußte ich noch etwas warten. Um kurz vor 6 kam dann auch der Inhaber, mit dem ich dann nach der Wäsche und Dusche gemeinsam (mit einem Auto (!!!) zum Essen gefahren bin. Als ich beim Essen ein Bier bestellen wollte, wurde mir gesagt, dass wir uns hier in einem „Dry County“ befinden – das man also in diesem County (vergleichbar mit einem Landkreis) keinen Alkohol kaufen kann. Diese Entscheidung wird immer wieder durch ein Referendum überprüft. Ich wußte offen gestanden gar nicht, dass es so etwas gibt. 13 Countys in Kentucky dürfen keinen Alkohol verkaufen.
Etwas gewöhnungsbedürftig war es, als er mir dann noch sagte, dass er als pensionierter Polizist auch weiterhin eine Waffe tragen muss, die er auch hier dabei hatte. Diesbezüglich gehen die Uhren hier einfach völlig anders als bei uns. So erwähnte er so beiläufig, dass die in den umliegenden 6 Häusern lagernden Schusswaffen ausreichen würden, um ca. 50 Soldaten auszustatten.
So das war es dann auch für heute. Bisher insgesamt geradelt sind 3.719 km bei 31.260 Hm. Morgen geht es über den Ohio River nach Illinois, dem dritten Staat auf diesem Trail. Für das morgige Ziel habe ich noch keine Entscheidung getroffen. Mal schauen, wo ich morgen bleibe. Die Alternativen morgen heißen: sehr lang, sehr kurz, zelten oder großer Umweg. In irgendeine dieser Zitronen werde ich wohl beissen müssen.