
Von der Hauptstadt an die Havel – Ein Regentag mit Bahnanschluss und Inselidylle
Unsere heutige Etappe von Berlin Alexanderplatz nach Havelberg stand von Beginn an unter dem unübersehbaren Einfluss einer meteorologischen Dauerwelle – graue Wolken, reichlich Regen und ein Wind, der sich offenbar vorgenommen hatte, sämtliche westdeutschen Feuchtgebiete gen Osten zu verschieben.
Schon Tage vorher war klar: Dieser Mittwoch wird keiner für sportliche Heldengeschichten. Sondern eher einer für flexible Planung, wetterfeste Kleidung – und das Prinzip Hoffnung. Der Blick auf die Wetter-App offenbarte dann auch ein eng getaktetes Schauerfenster mit gelegentlichen Pausen. Also entschieden wir uns für einen späten Start – die erste dieser Pausen nutzen wir für eine kurze, aber sehenswerte Fahrt durch das Berliner Zentrum.
Und die lohnte sich wirklich: Vom Alexanderplatz ging es direkt auf die Straße Unter den Linden. Zwischen Museumsinsel, Humboldt Forum, Reiterstandbildern und Regierungsgebäuden radelt man mittlerweile ganz komfortabel – ein eigener Fahrstreifen für Radfahrer macht das Vorankommen angenehm sicher, trotz der pulsierenden Großstadt drumherum. Und spätestens, wenn man durchs Brandenburger Tor rollt und die Siegessäule im Blick hat, stellt sich sogar bei Regenstimmung ein Hauch von Hauptstadtpathos ein.
Für uns war dieser Abschnitt auch ein Stück Erinnerungsstraße: Normalerweise kennt man diesen Teil der Stadt von Marathonläufen, wenn Zehntausende dort im Laufschritt unterwegs sind. Heute waren wir zu zweit, auf Rädern, bei Nieselregen – aber mit mindestens genauso sportlichem Gefühl.
Was weniger sportlich war: die Berliner Ampelschaltung. Gefühlt standen wir an jeder Kreuzung. Die Stadt mag für Kulturflaneure gemacht sein – für fließenden Radverkehr ist noch Luft nach oben.
Nach gut zwei Stunden war Spandau erreicht, und da die nächste Regenwand bereits in Lauerstellung war, bot sich ein italienisches Mittagessen an. Pizza für uns, kalte Dusche für die draußen geparkten Fahrräder. Kurz darauf: Tickets buchen, Regenjacken zurechtrücken, Bahnsteig suchen.
Der Zug nach Wittenberge war pünktlich, das Fahrradabteil jedoch… sagen wir: optimistisch gefüllt. Die Situation pendelte zwischen Tetris und Gruppentherapie – aber wie so oft: Es ging. Irgendwie geht’s ja immer.
Eine Stunde später: Bahnhof Glöwen. Der Regen hatte sich – man mag es kaum glauben – verzogen, der Himmel riss auf, und die letzten neun Kilometer bis Havelberg konnten wir bei freundlichem Wetter zurücklegen. Ein versöhnlicher Ausklang.
Havelberg selbst zeigte sich ruhig, fast verschlafen. Nach einer kurzen Dusche machten wir noch einen kleinen Spaziergang entlang der Havel. Der historische Stadtkern liegt malerisch auf einer Art Insel, umgeben von Wassergräben – eine sehr besondere Lage, die durchaus mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Vielleicht ist das stille Potenzial dieser Stadt gerade das Besondere.
Das war’s für heute. Morgen geht es weiter Richtung Nordwesten, nach Dömitz an die Elbe. Die Wettervorhersage verspricht trockenes Wetter – dafür weht uns der Wind frontal entgegen. Aber gut: Auf einer Radtour kann man sich viel wünschen – nur nicht die Windrichtung.




