
Von Havelberg nach Dömitz – Störche, Fähren und ein Hauch Kreuzfahrt
89 Kilometer Elbe-Radweg mit Gegenwind, Grenzmuseum und Gebäck für Väter
Schon beim Frühstück in Havelberg wurde uns freundlich, aber unmissverständlich mitgeteilt, dass heute ein besonderer Tag ist: Vatertag. Zur Feier des Tages gab es ein kleines Gebäckstück mit dem klangvollen Namen „Ein Kater für den Vater“ – ein Augenzwinkern in Teigform, das eine nette Aufmerksamkeit war.

Gestärkt und noch etwas eingepackt gegen die morgendliche Frische, starteten wir in den Tag. Die Landschaft im Havel-Elbe-Gebiet ist ein Genuss für alle Sinne – weite Wiesen, verschlungene Flussarme und eine fast meditative Stille, unterbrochen nur vom gelegentlichen Klappern eines Storches oder dem Surren der eigenen Reifen.
Nach etwa fünf Kilometern erreichten wir die kleine Elbfähre – ein charmantes Relikt kluger Flusstechnik. Ohne Motor, nur durch die Strömung gesteuert, gleitet sie gemächlich von Ufer zu Ufer. Das Tempo ist nicht rasant, aber immerhin schneller als Warten auf den Wetterwechsel.
Ab hier folgten wir dem Elberadweg – und das praktisch den ganzen Tag. Einmal eingeschwungen, ließ es sich wunderbar fahren. Der Wind wehte zwar beständig von vorn, aber die Szenerie entschädigte dafür regelmäßig. Zwischen Deichwegen, kleinen Dörfern und offenen Auenlandschaften konnte man fast vergessen, dass die Oberschenkel langsam zu meckern begannen.
Nach rund 30 Kilometern lud ein Hofcafé zur Einkehr – stilecht erweitert zum Vatertags-Spezialbetrieb. Neben Kaffee und Kuchen gab es Bratwurst, Bier und andere herzhafte Versuchungen. Wir blieben beim Kaffee – nicht, weil wir wollten, sondern weil wir noch mussten.
Störche begleiteten uns den ganzen Tag über – nicht nur am Himmel oder auf Masten, sondern teilweise direkt am Wegesrand. Insgesamt zählten wir 25 Exemplare, von denen zwei besonders ambitionierte sich in eine Schafherde integriert hatten. Ob als Mitbewohner oder Schäferlehrlinge – das blieb ungeklärt.
Mittagspause dann in Schnackenburg – ein Ort, klein, ruhig, aber mit einem Imbisswagen, der unter dem Motto „wenig Platz, viel Geschmack“ leckere Snacks servierte. Die Auswahl war begrenzt, der Appetit groß – also passte alles. Gleich gegenüber das Grenzmuseum, das eindrucksvoll an die deutsch-deutsche Teilung erinnerte. Besonders berührend: die lange Liste der Menschen, die an dieser Grenze ihr Leben verloren. Ein stiller Moment mitten in einem ansonsten lebendigen Tag.
Geografisch war heute ebenfalls einiges geboten: Wir starteten in Sachsen-Anhalt, fuhren ein Stück durch Brandenburg, streiften Niedersachsen und landeten schließlich in Mecklenburg-Vorpommern. Vier Bundesländer in einem Tag – das schafft man sonst nur mit der Bahn oder auf der Flucht.
Am Nachmittag wechselten wir erneut die Elbeseite und nutzten die Gelegenheit für einen letzten Stopp im Café „ElbeGlück“. Der Name hielt, was er versprach: ausgezeichnete Torten und ein urgemütlicher Garten..
Die letzten Kilometer fielen dann erstaunlich leicht – gestärkt, motiviert, mit leichtem Zuckerschock im Gepäck. Gegen 17:30 Uhr erreichten wir unsere Unterkunft in Dömitz. Und was für eine: Ein ehemaliger Hafenspeicher, von einem Düsseldorfer Investor in ein Hotel mit Restaurant und Eventbereich verwandelt. Unser Zimmer hat den Charme einer nostalgischen Kreuzfahrtkabine, ohne Wellengang, aber mit beeindruckendem Blick.
Das war’s für heute – morgen geht’s weiter nach Bad Bevensen. Etwas kürzer, was uns mit Blick auf die Windvorhersage sehr gelegen kommt. Der Westwind bleibt uns nämlich treu – leider aus der falschen Richtung. Aber was soll’s: Rückenwind kann jeder.




