Tag 1 – Von Frühstücksdramen, Echo-Effekten und Schweißbächen
Der erste Wandertag begann nicht etwa mit idyllischer Vorfreude, sondern mit einem Wettlauf gegen die Wetter-App. Ursprünglich war die Abfahrt mit dem Schiff über den Königssee für 10:00 Uhr angesetzt – gemütlich genug, um sich noch einmal durch das Frühstücksbuffet zu probieren. Doch je näher der Tag rückte, desto düsterer wurden die Regenprognosen. Erst hieß es 9:30 Uhr, dann 9:00 Uhr – am Ende einigte man sich auf 8:30 Uhr, fix und fertig am Anleger.
Für uns stellte das eine logistische Meisterprüfung dar, denn unser Hotel öffnete das Frühstück erst um 8:00 Uhr. Ein sportliches Zeitfenster also, wenn man nicht den Rest des Tages mit leerem Magen in den Bergen verbringen wollte. Also schlichen wir uns bereits um 7:30 Uhr in den Frühstücksraum, wo die ersten Teller gerade erst aufgetischt wurden. Wir aßen, was eben schon da war, und warteten auf den Rest wie Kinder vor dem Nikolausteller: „Kommt da noch Käse? Vielleicht ein bisschen Müsli?“ Stück für Stück füllte sich unser Tisch, und wir füllten uns gleich mit.
Die zweite Hürde: die Hotelrechnung. Die Rezeption war noch im Tiefschlafmodus, niemand weit und breit. Nach kurzem Überlegen entschieden wir uns für die „italienische Variante“: einfach gehen und hoffen, dass die Kreditkarte belastet wird – und nicht die Polizei. Ein kleiner Nervenkitzel zum Start, gratis inklusive.
Am Parkplatz trafen wir kurz darauf auf unsere Mitwanderer. Ein kurzes „Servus, hallo, guten Morgen“ – dann ging es direkt weiter zum Schiffsanleger. Anders als an den Tagen zuvor, als sich die Touristenmassen in Schlangen von epischem Ausmaß vor den Kassen drängten, war diesmal alles entspannt: Karten kaufen, Gruppenfoto, ab aufs Boot.
Die Fahrt über den Königssee war wie ein kleines Vorspiel auf das große Abenteuer. Glasklares Wasser, steile Felswände – und natürlich der obligatorische Trompeteneinsatz eines Blasmusikers, der uns das berühmte Echo vorführte. Ein bisschen Gänsehaut, ein bisschen Touristenkitsch – perfekt. Nach 35 Minuten legten wir in St. Bartholomä an, und nun begann der eigentliche Ernst der Tour.
Aufstieg Richtung Kärlingerhaus
Die ersten Meter entlang des Flusses waren noch freundlich, beinahe harmlos. Doch bald bog der Weg nach rechts ab – und sofort begann der Kampf mit der Schwerkraft. Schon nach wenigen Minuten verwandelte sich unser T-Shirt in ein nasses Handtuch.
Dann kam sie: die Saugasse. Eine berüchtigte Passage, steil, lang und gnadenlos. Schritt für Schritt, Schweiß für Schweiß. Jeder Tropfen, der den Rücken hinunterlief, war ein stiller Kommentar zu unserer bisherigen Trainingseinstellung. Am Ende der Saugasse hofften wir auf das Ziel – doch Pustekuchen. Es folgten noch ein paar Kilometer mit moderatem Auf und Ab, gerade so, dass man nie sicher war, ob man nun eigentlich schon oben ist oder immer noch mittendrin.
Der Himmel hatte inzwischen beschlossen, den Schweiß noch zu toppen: feiner Nieselregen setzte ein. Doch irgendwann – leicht durchnässt, aber glücklich – erreichten wir das Kärlingerhaus, unser erstes Quartier.
Das Bad im See
Bevor wir jedoch unser Nachtlager im Sieben-Betten-Saal bezogen, wagten Sylvia, Silvia, Astrid und ich noch den Abstieg zum Funtensee. Die Vorstellung: eine erfrischende Abkühlung nach schweißtreibendem Aufstieg. Die Realität: ein matschiger, steiniger Zugang, bei dem jeder Schritt zum Balanceakt wurde. Sylvia ging mutig voran, wir anderen folgten ihr zögernd durch die Schlammpassage.
Das Wasser war herrlich erfrischend – wenn auch nur für wenige Minuten, denn der Regen nahm inzwischen Fahrt auf. Tropfnass machten wir uns also wieder zurück auf den Weg zur Hütte, wo wir unseren Schlafplatz in einem Siebener-Schlafsaal belegten.
Abendstimmung
Der Rest des Tages verlief so, wie es sich jeder Wanderer nach einem ersten Etappensieg wünscht: warme Stube, ein paar Bierchen, ein deftiges Abendessen. Während draußen der Regen unaufhörlich trommelte, saßen wir drinnen, müde, zufrieden und froh, dass wir nicht mehr rausmussten.
Der erste Tag war geschafft. Die Alpen hatten uns willkommen geheißen – mit Schweiß, Matsch und Regen. Aber auch mit dem Gefühl: Wir sind wirklich mittendrin im Abenteuer.









