Reisetagebuch Schottland 2025 – Teil 1: Koffer, Curry & keltischer Charme
Es war einmal ein verschlafener Donnerstagmorgen, als wir – ausgerüstet mit Vorfreude, leichten Augenringen und schwerem Gepäck – gegen 7:30 Uhr die heimische Komfortzone verließen, um unser Abenteuer in Schottland zu beginnen. Die Fahrt zum Flughafen verlief nahezu bilderbuchhaft, wenn man vom kleinen Verkehrsstau in Delmenhorst absieht. Der zeigte uns immerhin, dass selbst eine Reise in die Highlands nicht ohne die Tiefen der niedersächsischen Rushhour beginnt.
Am Flughafen angekommen, die erste Dissonanz zur gewohnten Routine: Kein kostenloser Parkplatz in Sicht. Ein Opfer musste gebracht werden – diesmal in Form einer Parkhausgebühr. Schmerzhaft, aber: was tut man nicht alles für ein bisschen Urlaubsluft.
Von der Pizza zur Liege – Amsterdam-Transit mit kulinarischer Krise
Der Flug nach Amsterdam war so aufregend wie ein Glas stilles Wasser. In Schiphol dann der große Plan: Zeit totschlagen mit einem exzellenten Mittagessen. Doch statt kulinarischem Höhenflug: Fast-Food-Tristesse. Nach einem wenig inspirierten Rundgang durch den Food Court, landeten wir bei einer Pizza, die geschmacklich irgendwo zwischen Pappe und Nostalgie an die Schulcafeteria rangierte. Danach retteten uns die bequemen Liegen im Terminal. Ein Nickerchen unter Neonlicht – nicht ganz Hygge, aber doch erholsam.
Glasgow calling – Koffer, Kontrolle und Curry
In Glasgow angekommen, begrüßten uns erst die Warteschlangen der Einreise mit britischer Gründlichkeit. Der Koffer von Michael rollte zügig aufs Band, mein eigener ließ sich jedoch bitten. Ich ahnte bereits das Schlimmste – und lag leider richtig. Mein Gepäck hatte beschlossen, eine Extrarunde in Amsterdam zu drehen. Immerhin: Der Mitarbeiter am Schalter wirkte, als hätte er diesen Fall nicht zum ersten Mal erlebt – routiniert, freundlich, fast tröstlich. Der Koffer würde morgen kommen. Ich hatte schon schlechtere erste Dates.
Der Bus in die Stadt versprach „Express“ – bewies aber britischen Humor. Rushhour ist auch in Glasgow keine Mär, sondern Realität. Nach einem Spaziergang mit Rollkoffer vom Busstopp erreichten wir schließlich unser Hotel. Die Fassade sah aus, als hätte sie ein paar zu viele schottische Winter mitgemacht. Der Eingangsbereich hingegen versprach Renovierung mit Budget – irgendwie beruhigend.
Fish & Chips und ein bisschen Beatles
Frisch gemacht und halbwegs entknittert, trafen wir uns mit dem Sohn eines Freundes, der uns ins West End entführte. Dort: knusprige Fish and Chips und anschließend ein Spaziergang durch das Universitätsviertel und den Park. Im Park dann das Highlight des Tages: ein Open-Air-Konzert einer Beatles-Revival-Band im Amphitheater. Sonne, Musik und ein Hauch Nostalgie – fast zu schön, um wahr zu sein. Müde, aber glücklich, kehrten wir ins Hotel zurück.
Kunst, Whisky und ein Ticketverkäufer mit zwei Gesichtern
Am nächsten Morgen weckte uns Sonnenschein – ein seltener, aber hochwillkommener Gast in Schottland. Nach einem soliden Frühstück führte uns unser Weg erneut ins West End zur Kelvingrove Art Gallery and Museum. Beeindruckend, lehrreich, charmant altmodisch. Danach: Hop-On-Hop-Off-Tour durch Glasgow – mit Mittagspause und einem Abstecher zu einer Whisky-Destillerie. Kultur und Hochprozentiges – Schottland wie es leibt und lebt.
Zurück im Hotel, kurz verschnauft, dann ging’s Richtung Hampden Park. Doch zuvor wartete noch ein Erlebnis der besonderen Art: Kartenkauf an der Central Station. Der arme Mitarbeiter hinter dem Schalter war sichtlich entnervt – offenbar war er an diesem Tag das menschliche Ventil für sämtliche Kommunikationsprobleme dieser Welt. Doch dann: Michael, der Sprachflüsterer, verwickelte ihn in ein charmantes Gespräch, woraufhin das mürrische Gesicht einem beinahe strahlenden wich. Manchmal hilft eben ein Lächeln – oder ein deutscher Dialekt mit Charme.
Pizza Hawaii in Indien und ein Stadion mit Disziplin
In Mount Florida angekommen, suchten wir kulinarische Untermalung vor dem Spiel – fanden aber nur einen indischen Imbiss mit globaler Identitätskrise. Meine Pizza Hawaii war, höflich formuliert, ambitioniert. Das Curry hingegen: scharf, ehrlich, hervorragend. Im Stadion dann die nächste Überraschung: Keine Stadionwurst weit und breit. Stattdessen viele leere Blöcke – vermutlich Sicherheitsgründe – und ein Publikum, das sich Zeit ließ mit dem Erscheinen.
Die Hymne vor dem Spiel? Gänsehaut. Das Spiel selbst? Eher nicht. Und weil auch der Spielverlauf keine schottischen Freudentaumel auslöste, lichteten sich die Reihen noch vor dem Schlusspfiff. Beim Rückweg verstanden wir warum: Die Schlange am Bahnhof hätte man beinahe im Guinness-Buch eintragen können. Und doch – niemand drängelte. Deutsche würden hier vermutlich applaudieren.
Der letzte Schluck
Zurück in Glasgow, beschlossen wir den Abend so, wie man es sich wünscht: mit einem ehrlichen Pint und einem guten Glas Whisky in einem gemütlichen Pub. Das war Schottland, wie man es sich ausmalt – etwas rau, überraschend herzlich und niemals langweilig.
im nächsten Teil geht es weiter mit unserer Fahrt nach Fort William