Nachdem ich den Blog gestern veröffentlicht hatte, ging ich abends nach einer schönen Dusche erst mal Richtung Zentrum von Lissabon. Da ich etwas außerhalb untergekommen bin, bedeutete das, zunächst 10 Min.zu Fuß zur Metro und dann nochmal 10 Min. mit der Metro ins Zentrum. Auf dem Weg dorthin habe ich dann noch schnell mein Fahrrad abgegeben. Auftrag: Wartung aller wichtigen Teile und beim Verpacken will ich am nächsten Tag dabei sein. Erstens will ich wissen, was da verpackt wurde (bin ja schließlich dafür verantwortlich) und zweitens wie hat er das auseinander geschraubt (ich muss das ja nachher auch wieder zusammen schrauben). Auf dem Weg zur Metro fand ich dann auch noch einen Herrenfriseur, bei dem ich sofort dran kam. Mit Händen und Füßen versuchte ich zu erklären, dass ich die Haare 4 Wochen kürzer haben wollte. Der Mitarbeiter verstand jedoch, dass er die Nummer 4 bei den Schneideautomaten nehmen sollte. Glücklicherweise klärte einer der Kunden, der etwas englisch verstand, das Missverständnis auf. So schnell war das noch nie erledigt. Nach keinen 10 Minuten war ich fertig.
Dann an der Metro schnell ein Ticket gezogen (nachdem ich 10 Min. gebraucht habe, um das System zu kapieren) und ab ging es in die Stadt. Dort angekommen schlenderte ich zunächst einmal etwas ziellos durch die Gassen runter zum Fluss. Dort wurden mir dann innerhalb von 15 Min. gleich sechs mal Drogen angeboten (ich glaube, ich sollte mich wieder regelmäßiger rasieren). Ansonsten ist die Stimmung am Abend hier ausgezeichnet, überall Tische und Stühle vor den Restaurants auf den Straßen, eine Vielzahl von Musikern, die auf der Straße aufspielen – und das zum Teil wirklich klasse. Ein Trommler hatte neben seinen 2 Trommeln noch ein ausgedientes Waschbecken als Instrument eingesetzt und hat damit eine Riesenstimmung gemacht.
Nach einem kleinen Dinner, in einer dieser Straßenlokale und einem Glas Rotwein machte ich mich wieder auf den Rückweg.
Am nächsten Morgen empfahl mir Linda, meine Vermieterin, mir Belem anzusehen. Das ist ein Vorort im Westen von Lissabon und mit einigen historischen Gebäuden gesegnet. Ich folgte dem Rat. Belem erreichte ich dann am späten Vormittag mit der Straßenbahn (leider nicht mit einer dieser sehr historischen Trambahnen, die hier immer noch sehr oft zu sehen sind).
Nach Verlassen des Bahnhofs fiel mein Blick auch sofort auf die prachtvolle Fassade des Mostciro dos Jeronimos, die wichtigste Sehenswürdigkeit in Belem, damals finanziert aus dem Reichtum der durch den Handel mit den Kolonien enstanden ist. Von dort lief ich durch den Park zum Entdeckermal (derzeit eingerüstet), von dem aus man einen tollen Blick über das Umfeld hat. Anschließend spazierte ich weiter am Tejo entlang Richtung Torre de Belem, einem weiteren Wahrzeichen dieses Ortes. Der Rückweg führte mich dann durch ein riesiges Kulturgebäude. Der Ausflug hat sich gelohnt. Weiter unten ein paar Eindrücke:
Auf dem Rückweg war ich dann zur verabredeten Zeit bei meinem Fahrradladen. Der junge Mann, der aus Brasilien stammt und seit 11 Jahren in Portugal lebt, hatte alles überprüft, Licht repariert, Bremsen nachgestellt und das Rad gründlich gesäubert. Der Karton für das Verpacken stand schon bereit und so begannen wir, mein Schlachtroß in diesen zu verfrachten. Dazu wurden zunächst die Pedalen demontiert und der Lenker abgeschraubt (querstellen reicht bei diesem Lenker nicht).
Mit Unmengen an Klebeband und noch einigem Material als Stoßdämpfer für die manchmal unsanfte Behandlung in den Verladebereichen der Flughäfen, war das Paket dann fertig. Wie sollte ich aber dieses unhandliche Paket jetzt die 500 m zur Wohnung bekommen? Mit einem kleinen Trinkgeld und gutem Zureden war dann der nette Brasilianer bereit, mir beim Schleppen zu helfen. Allein hätte ich sicher alle 50 m eine Pause gebraucht, zumal es auch recht warm wurde. Das Paket verfrachtete ich dann auf den Balkon, wo es keinen stört. Mit Freude sah ich dann auch, dass Linda meine Klamotten alle einmal durchgewaschen hat. Selbst das von den Kindern kreierte Tour-Shirt ist jetzt wieder sauber (ich hatte etwas bedenken, ob die schwarze Farbe ausfärbt).
Selbst für die Frage, wie ich meine 6 Taschen zu den 2 erlaubten Gepäckstücken umbauen kann, hatte ich bereits dank Linda eine Lösung. Sie kramte nach einigem Suchen aus ihrem Fundus zwei riesige, sehr stabile Taschen hervor, in die ich jweils 3 Taschen versenken konnte. Das ganze noch mit ebenfalls einer Menge Klebeband in Form gebracht und fertig waren die 2 Gepäckstücke. Großen Dank an Linda für die tolle Unterstützung
Weniger erfolgreich war anschließend dann der Versuch, die US-Karten für das Navi herunterzuladen. Kaufen ging problemlos, nach dem 6 Ladeversuch habe ich zunächst entnervt abgebrochen. Kurz danach lernte ich dann meinen hierigen Mitbewohner Rodrigo kennen, einen Juristen aus Braslien, der sich hier an der Uni weiterbildet und nächste Woche dann für 3 Wochen nach Berlin und Karlsruhe will, um sich mit dem deutschen Staatsrecht zu beschäftigen. Äußerst netter und interessierter Mensch.
Ich ging dann noch eine Kleinigkeit essen, schaute mir noch die aktuellen Nachrichten an und ging dann auch zeitig zu Bett.
Am nächsten Morgen wollte ich nach Sintra. Ich hatte ja zunächst überlegt auf dem Weg nach Lissabon kurz in Sintra halt zu machen. Als ich dort ankam beglückwünschte ich mich nachträglich zu der Entscheidung, das nicht gemacht zu haben. Dort gibt es praktisch keine waagerechjten Straßen, dafür aber eine Menge Straßen mit extremen Steigungen. Ich sah viele Rennradfahrer (ohne Gepäck) schieben. Der Ort hat etwas magisches und ist reich bestückt an Schlössern, Burgen, Herrenhäuseren, Kirchen, Klöstern, Parks und Gärten etc. Es ist fast unmöglich hier in einigen Worten einen Eindruck zu vermitteln. Ich denke, dass jeder, der mal dort war, das auch so empfunden hat. Da ich nur ein paar Stunden hatte, habe ich mich wegen der Weitläufigkeit der Hotspots und der Höhenunterschiede entschieden, mich in einen Hop on – Hop of Bus zu setzen (eigentlich nicht meine Art). Ich wollte eigentlich erstmal nur ein Gefühl für diesen Ort bekommen. Ich schätze, dass man sich problemlos 2 bis 3 Tage dort aufhalten kann, ohne dass es langweilig wird. Der Bus fuhr dann auch noch die weitläufige Schleife durch das Sintra Gebirge bis zum Cabo da Roca, dem westlichsten Punkt des eurpäischen Festlandes. So habe ich fast alles einmal gesehen – allerdings nichts so richtig. Ein Grund wieder zu kommen! Dennoch ein paar Eindrücke:
Beim Googeln über den nächsten Reiseabschnitt, die Transamerican Cycle Route, bin ich über einen bemerkenswerten Reisebericht einer jungen Frau gestoßen, die gemeinsam mit anderen Fahrern diese Route in 2014 als Rennen gefahren ist, allerdings Eastbound (Von West nach Ost). Nachdem ich angefangen bin, konnte ich kaum aufhören weiter zu lesen. Eine unglaubliche Energieleistung, die auch mir einen Vorgeschmack auf die vor mir liegenden Etappen gibt. Fest steht: leichter wird es nicht!! Wer Interesse an diesem Artikel hat, kann den unter dem folgenden link ansehen: Reisebericht TransAm Race
Abends habe ich meinen brasilianischen Mitbewohner dann noch auf eine Pizza eingeladen. Dabei hat er mir eine Menge über die Situation in Brasilien erzählt. Als Familienjurist für die einfachen Leute bekommt er viel von den Nöten und der Hoffnungslosigkeit in diesem landschaftlich so schönen Land mit. War ein echt unterhaltsamer Abend. Als wir zurück waren, lud uns unsere Vermieterin noch auf ein Glas Portwein als Absacker ein. War ein wirklich schöner Abend mit interessanten Gesprächen.





